Photovoltaik-Fassaden

Juli 5, 2019

Building Integrated Photovoltaics, kurz BIPV, ist ein neuer Trend der Fassadenkonstruktion, bei der Photovoltaikelement in der Aussenhülle eines Gebäudes integriert werden. Ein bewussterer Umgang mit den beschränkten Ressourcen hat dazu beigetragen, dass auch bei Gebäuden die gesamtheitliche Energiebilanz berücksichtigt wird. Hauptziel ist hier die Reduktion des CO2-Ausstosses, die Minderung des rechnerischen Primärenergiebedarfs sowie die direkte Energiegewinnung. Damit werden Bauwerke zu kleinen Kraftwerken. Neben der Nutzung der Erdwärme kann dies durch Speicherung und Umwandlung der Sonnenenergie sein – und dies nicht nur auf dem Dach, sondern gesamtheitlich über die Fassade. Ein bei Umbauten bewährtes Prinzip ist die nachträgliche Addition von PV-Elementen auf eine bestehende Fassadenhaut. Im Vergleich zu optimal ausgerichteten und hinterlüfteten Aufdachanlagen haben integrierte Photovoltaikanlagen einen niedrigeren Ertrag. Da sie jedoch die Aufgaben des jeweils eingesparten Bauteils übernehmen, können die ohnehin notwendigen Ausgaben auf die Investitionskosten angerechnet werden.

Ob sich die Integration der PV-Anlage lohnt, hängt von dem möglichen Energieertrag ab: die geographische Lage, die Tages – und Jahresszeit sowie die allgemeine Witterung bestimmen die Globalstrahlung, also die direkte und diffuse Strahlung. Zudem ist die nutzbare Einstrahlung von der Ausrichtung zur Sonne abhängig. In Mitteleuropa ist eine Südausrichtung mit einem Neigungswinkel von 30° die optimale Orientierung. Abweichende Flächen nach Südost und Südwest liefern ebenfalls ähnlich gute Werte. Erstaunlicherweise erfahren selbst vertikale Fassaden (mit südlicher Orientierung) noch eine 75% Einstrahlung. Dies macht neben dem geneigten Dach auch die vertikale Fassade interessant. Zur Messbarkeit der Effizienz wird bei Solarmodulen von dem Wirkungsgrad gesprochen, der die Menge der Sonnenenergie in Prozent ausdrückt, die auf die Solarfläche auftrifft und in Strom umgewandelt wird. Durchschnittliche Wirkungsgrade liegen häufig bei ca. 12%, wobei transluzente oder farbige Module einen geringeren Wirkungsgrad aufweisen. Mit dieser Methode kann der gewünschte Strombedarf oder die notwendige PV-Fläche errechnet werden. So strahlt die Sonne an einem klaren Tag maximal eine Leistung von 1kW (Kilowatt) auf eine rechtwinklig zur Sonne orientierte Fläche von 1 m². Dies summiert sich auf durchschnittlich 700 bis 1.200 kWh (Kilowatt-Stunden) pro Jahr, in Südeuropa etwas höher mit etwa 1.300 bis 1.500 kWh.

Folgende Punkte sollten bei der Planung beachtet werden:

  • Die Solarmodule dürfen nur Kräfte aus ihrem Eigengewicht und aus Windlasten aufnehmen. Es dürfen keine mechanischen Kräfte aus Bauwerkslasten auf/über die Module abgeleitet werden. 
  • Offene Fugen sollten mindestens 4 mm gross sein um Maßtoleranzen und thermische Längenausdehnungen aufnehmen zu können.
  • Bei zunehmender Erwärmung der Photovoltaikmodule nimmt der elektrische Wirkungsgrad ab. Darum sollte eine Hinterlüftung der Module von mindestens 3cm gewährleistet werden.
  • Die Kabelführung ist bei transluzenten Solarmodulen sorgfältig zu planen, da sie von Aussen sichtbar wird. Sie kann in der Hinterlüftungsebene oder in der Fassadenkonstruktion vorgesehen werden.
  • Systemtechnik (Anschlussdosen und Verkabelung) sollten für Wartungen zugänglich sein. Auch ein Austausch von defekten Modulen sollte möglich sein.

Ein gelungenes Beispiel einer BIPV ist das 2017 fertiggestellte Wohnhaus «Solaris» von huggenbergerfries Architekten AG. Eingekeilt zwischen der verkehrsreichen Seestrasse und dem Zugbahndamm steht dieser Neubau als abgewinkelte Solitär und wird somit von allen Seiten gut beschienen. Die bräunlich-rote Fassade aus geripptem Gussglas ist ganzheitlich mit Solarmodulen versehen, so dass viel Streulicht aufgefangen werden kann. Trotz dunklem Farbton erreichen die Module einen Wirkungsgrad von 13%. Der gewonnene Strom dient vorzugsweise dem Eigenbedarf. Der Überschuss wird in einer 10-kW-Batterie und in der Batterie des hauseigenen Elektroautos zwischengespeichert. 

Dieses Beispiel zeigt, dass die Gestaltung einen entscheidenden Faktor für die Akzeptanz und den nachhaltigen Einsatz gebäudeintegrierter Photovoltaik zur regenerativen Energieerzeugung spielt. Dabei ist es ist wichtig die Integration von Photovoltaik früh einzuplanen um die energetischen und ertragsrelevanten Potenziale voll ausschöpfen zu können. Nur dadurch können die gestalterischen, konstruktiven und energetischen Belange in der Planung aufeinander abgestimmt werden.

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Bildnachweis:

Nr. 1: Lithodecor, Systemaufbau

Nr. 2: huggenbergerfries Architekten AG, Beat Bühler

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Quellen:

https://www.lithodecor.com/oberflaechen/photovoltaikfassade-litho-photovoltaic.html(15.4.2019)

https://www.baunetzwissen.de/solar/fachwissen/pv-am-gebaeude/photovoltaik-an-fassaden-165756 (15.4.2019)

https://www.espazium.ch/seismograf-des-himmels (15.4.2019)

https://www.haustec.de/energie/pv-module/wie-sich-eine-photovoltaik-fassade-auch-im-eigenheim-rechnet (15.4.2019)

Tec21, Seismograf des Himmels, Judith Solt, Schweizer Bauzeitung, Nr. 46-47, 16.11.2017, Espazium