Das neue Stapferhaus in Lenzburg

Juni 7, 2019

Nach einer vierjährigen Planungs- und Bauzeit hat das Stapferhaus in Lenzburg sein neuen Museumbau mit der elften Grossausstellung «FAKE. Die ganze Wahrheit» eröffnet.

Gegründet wurde die Organisation des Stapferhauses bereits 1960. Namensgeber Philipp Albert Stapfer (1766 – 1840) war eidgenössischer Minister und galt als kulturpolitischer Visionär. Der Gegenwart und Zukunft sehr aufgeschlossen symbolisiert er die Leitidee der Organisation: aktuelle gesellschaftliche und technologische Brennpunkte zu thematisieren. In den ersten Jahren lädt das Stapferhaus zu politischen Debatten auf das Schloss Lenzburg ein. Erst 1994 wird die erste erfolgreiche Ausstellung «Anne Frank und wir» organisiert. Weitere Ausstellungen, wie etwa «Entscheiden» (2012-2014), «Geld» (2014-2016) oder «Heimat» (2017-2018), erlangen grosse öffentliche Resonanz und stellen Besucherrekorde auf. Dabei ist der Standort für ein Ausstellungshaus eher ungeeignet: das Zeughaus, eine grosse Halle auf einem ehemaligen Kasernenareal, ist in einer Wohnsiedlung versteckt und hat keine repräsentative Ausstrahlung. Doch diesen Nachteil wissen die Kuratoren für sich zu nutzen: das Gebäude kann unterschiedlich bespielt werden und überrascht mit geänderter Raumabfolge oder neuartigen Elementen (Riesenrad). Da das Areal langfristig für den Wohnungsbau umgenutzt werden soll, wird die Notwendigkeit eines Neubaus geäussert. Für diesen wünschen sich die Ausstellungsmacher ein neues altes Zeughaus: ein Haus, mit dem sie alles machen können. 

2014 wurde ein Architekturwettbewerb unter 58 Büros ausgelobt, der Pool Architekten aus Zürich für sich entscheidet. Auf dem neuen Grundstück direkt gegenüber dem Bahnhof Lenzburg sehen Pool Architekten einen dreigeschossigen Holzbau mit einem einfachen Stützenraster und grossen Spannweiten vor. Das Gebäude unterteilt sich in drei Elemente: die Administration im obersten Geschoss des Hauses, die Ausstellungshalle sowie die vorgeschlagene Stapferbühne. Diese doppelgeschossige Pergola soll den öffentlichen Bezug zum Bahnhofsvorplatz erzeugen und kann für jede Ausstellung neu inszeniert werden. Sie fungiert wie ein Foyer im Aussenraum.

Auch der Innenausbau folgt dem Diktat des provisorisch anmutenden Umfeldes: in die schwarz gestrichenen Dreischichtplatten der Wände kann geschraubt, in die Deckenbalken gebohrt, in den Holzboden aus vier Zentimeter starker Tanne geschlitzt werden. Mit diesem Haus soll gearbeitet werden. Auch die Tragstruktur aus modular aufgebauten Wand- und Deckensystemen erlaubt eine Veränderung des Ausstellungsraums. Selbst Treppen können weggerückt, demontiert und durch einen anderen Aufgang ersetzt werden. Man darf gespannt sein wie die Kuratoren diese Flexibilität zu ihren Gunsten, und zur Überraschung für die Besucher, nutzen können. Alte Ausstellungen bestachen durch unkonventionelle Ausstellungskonzepte – es bleibt dem Stapferhaus zu wünschen, dass sie diesen Charme durch den Neubau nicht verlieren werden. 

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Bildnachweis: 

Pool Architekten AG, Zürich

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Quellen:

https://www.stapferhaus.ch/stapferhaus/%C3%BCber-uns/(15.2.2019)

https://www.hochparterre.ch/nachrichten/architektur/blog/post/detail/der-haikaefig/1539187214/(15.2.2019)

https://www.hochparterre.ch/nachrichten/kultur/blog/post/detail/stapferhaus-lenzburg-wird-haus-der-gegenwart/1400833823/ (15.2.2019)

https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/lenzburg/stapferhaus-leiterin-wir-haben-unser-traumhaus-gebaut-133547530# (15.2.2019)