Digitalisierung in der Architektur

Januar 17, 2019

Die Digitalisierung, die allgemeine Hoffnung auf Effizienzsteigerung mithilfe digitaler Werkzeuge, soll die Wertschöpfungskette des Planens und Bauens optimieren. Dies wurde zumindest Ende 2017 beim ersten landesweiten «Digitaltag Schweiz» proklamiert, der vom Interessensverband digitaleschweizlanciert und von Vertretern aus der Politik unterstützt wurde. Es wurde eine industrielle Revo­lution prophezeit, die neuen Dienstleistungen, Produkte und Geschäftsmodelle entstehen lassen soll. Die disruptive Kraft wird an den berühmten Beispielen deutlich, die in kürzester Zeit bewährte Geschäftsmodelle auf den Kopf gestellt haben: Uber im Taxigewerbe, AirBnB in der Tourismusbranche, Sharoo im Autogeschäft oder Facebook als meist-gelesene Informationsquelle ohne eigene Redaktion. Der Digitalisierung wird aber auch mit Angst und Skepsis begegnet, denn sie kann Massenarbeitslosigkeit, Verelen­dung und der Verlust der individuellen Freiheit zur Folge haben.

Der Grund für die rasante Entwicklung der Digitalisierung ist die Globalisierung, die Bevölkerungs-wachstum, Nahrungsknappheit, Ressourcenmangel und Migration bedeutet. Die UNO geht in ihrem aktuellen Bericht von einem Bevölkerungswachstum von 20% in den nächsten 40 Jahren aus, vor allemin den Entwicklungsländern in Afrika und Asien.Auch in der Schweiz rechnet das Bundes­amt für Statistik mit über 10 Millionen Einwohnern bis 2045 (aktuell 8,4 Mio., Stand 06.04.2017). Dieser Entwicklung lässt sich nur begegnen, indem für diese Menschen der Wohnraum und die Infrastruktur maximiert, der Energieverbrauch reduziert und die Lebensqualität mindestens beibehalten wird. Durch die Implementierung digitaler Technologien in bestehende Geschäftsmodelle erhofft man sich einen effizienteren Umgang mit den vorhandenen Ressourcen.

Wie sieht es in der Baubranche aus? Während andere Branchen ihre Arbeitsproduktivität in den letzten beiden Jahrzehnten grundsätzlich steigern konnten (Beispiele seit dem Jahr 2000: Verarbeitendes Gewerbe +40%, Handel +30%), konnte das Baugewerbe keine nennenswerte Produktivitätssteigerung verzeichnen. Dabei gäbe es Möglichkeiten, den über Jahrhunderte etablierten Planungs- und Bauprozess digitaler und somit vielleicht effizienter zu gestalten. Am Anfang eines Planungsprozesses könnte eine digitale Formfindung angewendet werden, welche durch Simulationen und parametrische Entwurfsprozesse die Konzeption unterstützt. Diese Erkenntnisse können in der digitalen Planung, etwa durch BIM, zu einer Ausführungsreife weiterentwickelt werden. Diese Informationen werden beim digitalen Bauen, etwa durch vernetzte Laser-Vermessungen, mobile iPads mit tagesaktuellen Plänen oder QR-Codes der zu verbauenden Bauteile, umgesetzt. Die zeit- und ressourcenintensive Erstellung von Bauteilen bietet grosses Steigerungspotenzial, etwa durch den Einsatz von Baurobotern oder ferngesteuerten Baumaschinen. Auch in der Vorfabrikation, beispielsweis im Holzfertigbau, kann die Produktion durch die Reduktion von Schnittstellen beschleunigt werden. Bauunternehmer investieren viel in die Weiterbildung ihrer erfahrenen Bauleiter, damit die Vorteile der digitalen Planung auf der Baustelle umgesetzt werden können. Nach der Fertigstellung können digitale Informationen im Betrieb und Unterhalt genutzt werden, beispielsweise in Lebenszyklusbetrachtungen oder einem Frühwarnsystem von verbauten Verschleissteilen. Die Digitalisierung wird die gesamte Wertschöpfungskette des Bauwesens, insbesondere die Produktion, erfassen und nachhaltig verändern.

Auch am Anfang der Wertschöpfungskette, in der Planung, wird nach Optimierungsmöglichkeiten gesucht: Mithilfe des digitalen Gebäudemodelles kann genauer, fehlerfreier, und schlussendlich auch schneller geplant werden. Nach den Erfahrungen von gescheiterten Gross-projekten wie dem Berliner Flughafen oder der Hamburger Elbphilharmonie erhofft sich die öffentliche Hand von BIM eine gesteigerte Planungssicherheit. Auch in der Schweiz wird der Einsatz der digitalen Werkzeuge häufiger gefordert, insbesondere von institutionellen Bauherren. Obwohl die Methodenfreiheit vertraglich zugesichert ist, empfiehlt der KBOB (Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschaftsorgane der öffentlichen Bauherren) als grösster Bauherrn der Schweiz, die BIM-Methodik bei Grossprojekten anzuwenden.Im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit wird es unabdingbar sein, sich mit der neuen Technologie auseinanderzusetzen.

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Bildnachweis:

Institut Digitales Bauen, Hochschule für Technik der Fachhoschule Nordwestschweiz

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Quellen:

United Nations (Hrsg.),World Population Prospects, Population Division of the Department of Economic

and Social Affairs, New York, 2017, Adresse: https://esa.un.org/unpd/wpp/Publications/Files/WPP2017_Volume-I_Comprehensive-Tables.pdf (20.10.2017)

Bundesamt für Statistik (Hrsg.), Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der Kantone 2015-2045,

Neuchâtel, 2016, Adresse: https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/bevoelkerung/zukuenftige-entwicklung.assetdetail.350477.html (25.10.2017)

Bundesamt für Statistik (Hrsg.), Arbeitsproduktivität in der Schweiz: Analyse der Entwicklung von 1995

bis 2013, Neuchâtel, 2015, Adresse: https://www.bfs.admin.ch/bfsstatic/dam/assets/350184/master (20.10.2017)

Frank Thessling, Was es braucht, um die Zukunft in Angriff zu nehmen, in TEC21 41/2017 Stoff und Raum – die Arbeit am Textilen , Zürich, 2017, Adresse: https://www.espazium.ch/die-zukunft-in-angriff-nehmen (5.1.2019)